11.4.07

Sterben – aber versichert?

Neulich stieß ich bei der ausgiebigen Recherche nach der billigstmöglichen Fahrkarte mal wieder zufällig auf ein äußerst interessantes Angebot der Deutschen Bahn AG: die DB-Sparpreis-Versicherung. Genau die hat schließlich noch gefehlt. Ich musste kürzlich selbst die schmerzliche Erfahrung eines – da gnadenlos personengebundenen – ungenutzt verfallenen 29-Euro-Spartickets machen.

Wie schön wäre da eine Rücktrittsversicherung! Sieht erst mal gut aus, das Angebot: Kostenpunkt nur 5 Euro bis 150 Euro Fahrkartenpreis. Hört sich nach einer sinnvollen Investition an, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher ist, ob man die Reise antreten kann. Natürlich gibt es einen kleinen Haken: Die „vertraglich geschuldeten Stornogebühren bzw. der DB-Sparpreis-Ticketpreis“ werden nur dann erstattet, „wenn die Stornierung/der Nichtantritt wegen Tod, schweren Unfalls, unerwarteter schwerer Erkrankung erfolgt“. Abzüglich eines Selbstbehalts von mindestens 15 Euro, im Nicht-Todesfall eventuell auch etwas mehr. Sicher eine tröstliche Sache für meine Erben, aber doch nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte.

Erinnert mich irgendwie fatal an das Angebot mit dem netten Namen „Gruppensterbegeldversicherung“ (Kompositum ausnahmsweise nicht von mir!), das mir meine Gewerkschaft vor kurzem unterbreitet hat. Klingt erstmal nach Gruppentherapie oder Gruppensex, hat aber wohl doch nicht so viel damit zu tun. Sterben muss auch hier am Ende jeder allein. Ohnehin leicht paradox, so eine Versicherung, bei der der Schadensfall garantiert eintritt. So ist die Gruppensterbegeldversicherung denn auch ganz langweilig kalkuliert – bei Erreichen eines durchschnittlichen Lebensalters gibt es ungefähr die gezahlten Beiträge minimal verzinst zurück. Nur wer jung stirbt, kann es auf der eigenen Beerdigung ordentlich krachen lassen auf Kosten der Versicherung. Erreicht man dagegen ein biblisches Alter, zahlt man sogar drauf und ärgert sich vermutlich tot.

29.3.07

Alles Klima?

Flugreisen müssen teurer werden. Furchtbar, dass der Pöbel heutzutage die einst halbwegs exklusiven Flughäfen überschwemmt! Selbst die Reisebranche findet, dass Fliegen zu billig ist. Kein Wunder: Mit 19,90-Euro-Tickets lässt sich beim besten Willen nichts verdienen. Ach ja, und die Sache mit dem Klima. Die Lösung für Flugreisende mit Öko-Gewissen ist natürlich, wie fast alles im segensreichen System der Marktwirtschaft, längst käuflich zu erwerben: verschiedene Anbieter verkaufen im Internet Klimaschutz-Ablassbriefe.

Bei Atmosfair kann man sich nach Eingabe von Start- und Zielflughafen die Kohlendioxid-Emissionen der Ökosauerei ausrechnen lassen. Besonders interessant dabei ist der automatische Vergleich mit Kühlschränken, Autos und Indern. Der Extremfall, ein Hin- und Rückflug von Berlin nach Sydney, produziert demnach pro Passagier etwa soviel Klimakillergase wie 121 Kühlschränke, 6 Autos oder 13 Inder in einem ganzen Jahr. Da nimmt sich der von Atmosfair errechnete Preis für den Klima-Ablassschein in Höhe von 244 Euro geradezu lächerlich niedrig aus. Der verwandelt den fiesen Flug - schwupps! - in einen harmlos-„klimaneutralen“. Denn Atmosfair finanziert zum Beispiel Solarprojekte in Indien, die die Emissionen der dortigen Bevölkerung noch weiter senken und so die fliegenden Dreckschleudern der Wohlhabenden neutralisieren. Besonders billig kommt man bei den sonst so viel gescholtenen Kurzstreckenflügen davon: Mit gerade mal 6 Euro für einen einfachen und 9 Euro für einen Hin- und Rückflug kann man die Seele von der Ökosünde freikaufen. Das dürfte nicht mal ein Billigfliegerbudget sprengen.

Und für gewissensgeplagte Autofahrer gibt’s die „Klima-Vignetten“ der Climate Company: 15.000 klimaneutrale Kilometer je nach Autotyp schon ab 65,90 Euro. Hier werden keine Projekte unterstützt, sondern EU-Emissions-Zertifikate aufgekauft: was man aus dem eigenen Auspuff bläst, darf die Industrie nicht mehr durch den Schornstein jagen.

15.3.07

Alles Birne?

Alle reden vom Klima. War ja auch wirklich ganz schön warm diesen Winter. Ob das an den Glühbirnen lag? Die sind schließlich im Grunde gar keine Leuchtmittel, sondern Miniaturheizkörper. Nur fünf Prozent der eingesetzten elektrischen Energie wandeln herkömmliche Birnen in Licht um, der Rest ist Wärme. Darum sollen die Beleuchtungsklassiker in Australien demnächst sogar verboten werden, und auch hierzulande reden manche schon davon.

Mir erscheint das reichlich albern, denn schließlich darf man ja auch sonst in allen Lebensbereichen nach Herzenslust soviel Energie verbrunzen, wie man es sich finanziell so eben leisten kann. Warum also nicht mit Glühbirnen heizen? Das senkt immerhin die Gasrechnung. Und damit den Kohlendioxidausstoß. Strom kann man schließlich mit diesen neuartigen Öko-Kraftwerken auf Uranbasis quasi klimaneutral herstellen. Dekorativer als ein ordinärer Heizlüfter ist so ein Haufen leuchtender Glühbirnen allemal. Wollte man eine vergleichbare Wärmeleistung mit sogenannten Energiesparlampen erreichen, würde es einfach unerträglich grell. Ganz zu schweigen von den exorbitanten Anschaffungskosten.

Glühbirnen wiederum halten dafür nicht besonders lange, was allerdings nicht ihrem Funktionsprinzip geschuldet ist, sondern allein dem Glühbirnenkartell der westlichen Hemisphäre, das sich einst auf eine durchschnittliche Birnenlebensdauer von rund tausend Stunden geeinigt hat. Sozialistische Lampen glühten (und glühen) deutlich länger. Der Westberliner Erfinder Dieter Binninger wollte denn auch Anfang der Neunziger seine 150.000-Sunden-Ewigkeitsglühbirnen in den damals noch existierenden Ostberliner Narva-Werken produzieren. Doch Binniger starb bei einem Flugzeugabsturz, bevor die Verträge unterzeichnet waren. Das Klima freut es vielleicht: Die ewigen Birnen heizten zugunsten der Haltbarkeit bei gleicher Helligkeit noch mehr als ihre kurzlebigen Schwestern.