18.1.07

Preise wie damals im Osten?

Wenn man sich die zahllosen Reklamezettel aus dem Briefkaten anguckt, bekommt man fast den Eindruck, alles sei im neuen Jahr billiger geworden statt teurer. Saturn und Media-Markt „erließen“ die Mehrwertsteuer Anfang Januar für einige Produkte, indem sie 19 Prozent Rabatt gewährten. Die meisten der Aktionsprodukte waren allerdings trotzdem bei anderen Anbietern billiger zu bekommen.

Dass Discounter wie Aldi die Preise „einfrieren“, ist zumindest für das Lebensmittelsortiment eigentlich selbstverständlich. Dafür gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent, und der wurde nicht erhöht. Auch die Floristenzunft wirbt, wie hier neulich schon angekündigt, jetzt mit „stabilen Blumenpreisen“. Und Ikea „verschiebt“ die Mehrwertsteuererhöhung auf Februar. Was natürlich auch nichts anderes als einen kleinen Rabatt bedeutet. Die Preise für Billy und Co sollen angeblich nächsten Monat ernsthaft um die steuerbedingten knapp 2,6 Prozent auf krumme Beträge steigen. Hier könnte also ausnahmsweise etwas Eile geboten sein – natürlich nur, wenn man ohnehin einen Kauf plant. Denn die nächste Rabattaktion kommt bestimmt, zumal viele Kunden größere Anschaffungen tatsächlich extra noch vor dem Jahreswechsel vorgenommen haben, so dass der Konsumrausch etwas abflauen dürfte.

Fies sind natürlich Erhöhungen, die schon heimlich im Laufe des letzten Jahres durchgeführt wurden, wie etwa der sage und schreibe durchschnittlich fünfprozentige Anstieg der Zahnpastapreise, der dem unbestechlichen Blick des Statistischen Bundesamts allerdings glücklicherweise nicht verborgen blieb. Angesichts all dieser Praktiken freut man sich schon fast über Läden, die die Erhöhung ganz stur weiterreichen – ohne Rücksicht etwa auf Schwellenpreise. So zahlte ich neulich bei Conrad statt 4,95 Katalogpreis jetzt eben 5,08 Euro. Wirkt irgendwie überzeugend ehrlich kalkuliert – fast wie damals im real existierenden Sozialismus.

4.1.07

Mit einem Taxi nach Ruppin?

Geschafft! Willkommen im 19-Prozent-Zeitalter! Ist doch alles halb so schlimm. Oder fühlt sich das Leben jetzt teurer an? Ich hatte ja neulich schon auf die Segnungen des ermäßigten 7-Prozent-Mehrwersteuersatzes hingewiesen. Aber nicht nur bei der Bahn kann man dadurch sparen, indem man sich seine Tickets in steuerbegünstigten Fünfzig-Kilometer-Häppchen kauft: Die Nahverkehrsermäßigung gilt natürlich auch bei BVG und S-Bahn. Die hätten zwar trotzdem gerne eine Erhöhung zum Jahresbeginn gehabt, aber dieses Mal hat ihnen doch tatsächlich – man staune – der Senat einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das ist noch nicht alles: Auch bescheidene Taxifahrten unter fünfzig Kilometer gehören steuerlich zum Nahverkehr und bleiben daher preisstabil. Zeit, sich mal wieder das einzigartige Berliner Taxi-Schnäppchen namens Kurzstrecke zu gönnen! Kostet nach wie vor 3 Euro und gilt nur beim Heranwinken eines fahrenden Taxis für Strecken bis zwei Kilometer. Tag und Nacht. Und man muss das Zauberwort kennen. Bei manchen Chauffeuren verfinstert sich die Miene schlagartig bei dessen Nennung. Egal. Besonders für nächtliches Gruppen-Partyhopping bestens geeignet. Ist es zum nächsten Club weiter als zwei Kilometer, lohnt ein Zwischenstopp. Vielleicht gibt es dabei ja zufällig eine nette Kneipe zu entdecken. Denn: Eine reguläre Vier-Kilometer-Fahrt kostet immerhin 8,62 Euro – gegenüber 6 Euro für zweimal Kurzstrecke. Oder man versucht es mit einer gemeinschaftlichen Steuer- und Provisionshinterziehung und probiert, wie sonst immer für andere Weltregionen geraten wird, vor der Fahrt einen Festpreis auszuhandeln, ohne Taxameter. Fragen kostet ja nichts.

So entsetzlich billig, wie es die hiesigen Taxifahrer gerne beklagen, ist der Berliner Tarif übrigens gar nicht. Wer taximäßig mal so richtig die Sau rauslassen will, dem empfehle ich den schönen brandenburgischen Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Dort kosten vier Kilometer Taxi nur 5,40 Euro. Zum Normaltarif.