28.9.06

Betaalbaar Strom dank Bundesnetzagentur?

Unglaublich, aber tatsächlich wahr: Letzte Woche ist Strom in Berlin von einem Tag auf den anderen um rund fünf Prozent billiger geworden. Die Preissenkung gilt allerdings zunächst nur für Kunden des Ex-Lokalmonopolisten Vattenfall formerly known as Bewag. Und lustigerweise ist sie keineswegs die Folge des vielbesungenen verschärften Wettbewerbs, sondern im Gegenteil das Ergebnis einer geradezu anachronistischen staatlichen Regulierung. Die Bundesnetzagentur (klingt schon gefährlich) hat zugeschlagen und die Senkung der Netznutzungsentgelte angeordnet.

Witzig, wie Vattenfall das jetzt verkauft: „Der Stromvertrieb des Unternehmens“ reiche „Kostenentlastungen, die aus der Senkung der Netznutzungsentgelte entstehen, direkt an seine Kunden weiter“. Hey, super, unser eigenes Netz ist billiger geworden! Vattenfall-Strom kostet dank dieser erwzungenen Preissenkung jetzt wieder ungefähr genausoviel wie vor der letzten Preiserhöhung im Mai. Billiganbieter Nuon, der gerade wieder kräftig um Neukunden wirbt, war dadurch plötzlich nur noch um die 50 Euro Einjahres-Treueprämie - die es nur im ersten Jahr gibt - günstiger als Vattenfall. Kurz vor Redaktionsschluss reagierte auch Nuon auf die neue Situation am Berliner Strommarkt: Die jetzt reduzierten Netznutzungskosten habe man erwartet und mutigerweise bereits von Anfang an in die Preiskalkulation einbezogen. Um aber weiterhin das Versprechen einzuhalten, stets günstiger als Vattenfall zu sein, ziehen die holländischen Lekkerstromdealer jetzt mit einer eher symbolischen Preissenkung von nicht einmal 1,5 Prozent nach.

Dafür gibt es bei Nuon zusätzlich eine zwölfmonatige Preisgarantie. Die bietet neuerdings aber auf Wunsch auch Vattenfall (Fix-Tarif) wieder an. Das sollte einen stutzig machen. Womöglich holt man sich damit momentan eher eine Hochpreisgarantie ins Haus. Furchtbar - jetzt muss man schon bei der Wahl des eigenen Stromversorgers zocken wie ein Börsenjunkie!

14.9.06

Das Recht auf Wasser (zum Kaffee)

Ich bin offenbar von der hauptstädtischen Cafékultur verwöhnt. Ich halte es nämlich für total selbstverständlich und ein Zeichen gepflegter Gastronomie, zu einer Tasse Kaffee zumindest auf Wunsch ein Glas Leitungswasser gereicht zu bekommen. Ohne Extrakosten, versteht sich. Das hielt ich immer für eine Art Grundrecht, egal ob Kaffee nun dehydrierende Eigenschaften hat oder nicht. Nebenbei ist es natürlich ein ebenso preisgünstiger wie gesunder Durstöscher. Dass diese optionale Gratisdreingabe aber offensichtlich doch keine Selbstverständlichkeit ist, musste ich neulich bei einem Landausflug ins Brandenburgische feststellen.

Auf einer Wanderung um den Lychener Wurlsee kehrten wir auf einen Milchkaffee ins Seehotel Lindenhof ein. Ich orderte das übliche Glas Leitungswasser dazu, das mir auch ohne Nachfrage oder Kommentar serviert wurde. Die Überraschung kam mit der Rechnung: Außer dem Milchkaffee wurde mir ein „kleines Mineralwasser“ zu 1,80 berechnet. Ach Du Schreck. Kulturelle Differenzen zwischen Stadt und Land, Ost und West? Ich bin im allgemeinen eher zurückhaltend, was das Anfechten von Rechnungen angeht. In diesem Fall siegten dann aber doch Rechtsempfinden und Sparerehre. Auf meine Nachfrage bestätigte die Kellnerin, dass es sich um Leitungswasser gehandelt habe – das sei aber „nicht im Kassensystem“. Meinen Verweis auf die Kultur des zum Kaffee gehörenden Wassers versuchte sie dann gar noch mit der angeblich exorbitanten Größe des mir servierten Glases zu kontern, „oder wollen Sie das etwa nicht bezahlen?“. Ich wollte nicht.

Wieder zurück in Berlin, genieße ich die hiesige Gratisleitungswasserkultur umso mehr. In der Caféteria der Unibibliothek gibt es das Glas Wasser anstandslos selbst zum 60-Cent-Kaffee, in der Edelpizzeria I Due Forni bekamen wir neulich sogar eine Literkaraffe des edlen Tropfens zum halben Liter Wein gereicht. So soll es sein.