23.11.06

Saufen für Berlin?

Krass: Kaum hatte ich neulich an dieser Stelle ein paar Gedanken über die Kultur des öffentlichen Flaschenbierkonsums in verschiedenen sozialen Schichten geäußert, wurde genau das zum großen präadventlichen Berlin-Thema. „Volksdroge Alkohol“ brüllten die Überschriften: 250.000 Berlinerinnen und Berliner sind laut Statistik Alkis. Eine Suchtpräventionsexpertin beklagte, dass es mittlerweile normal sei, „dass Leute am helllichten Tag auf der Straße Alkohol aus Flaschen trinken“.

Dabei sind gerade exzessive Biertrinker die wahren Helden unserer hoffnungslos überschuldeten Stadt. Pro Liter durch die Kehle gegossenen Gerstensafts fließen nämlich satte 10 Cent Biersteuer – und zwar nicht etwa in den anonymen Bundeshaushalt, sondern ganz lokalpatriotisch direkt ins Berliner Schuldenloch. Die Biersteuer steht tatsächlich ausschließlich den Ländern zu. Allerdings wird sie bei der Produktion erhoben, nicht beim Konsum. Das bedeutet leider, dass wir das hiesige Gebräu saufen müssen, um Berlin zu retten. Dafür kann der Rest der Republik ganz einfach mithelfen. Los Leute, an die Theken und Schultheiss schlucken, wenn ihr uns schon keine Sonderfinanzhilfen geben wollt!

Die Biersteuer ist durch ihren reinen Bezug auf die produzierte Menge übrigens fast noch unsozialer als die Tabaksteuer, bei der Luxusfluppen wenigstens etwas höher besteuert werden als No-Name-Billigware. Beide Abgaben belasten Arme extrem überproportional. Zum einen, weil sie in keiner Weise die Höhe des Einkommens berücksichtigen, zum anderen, weil der Unterschichtslifestyle nun mal einen deutlich erhöhten Konsum der legalen und damit steuerpflichtigen Suchtmittel beinhaltet. Es gibt übrigens auch eine Weinsteuer für die besseren Kreise. Sie beträgt exakt null Prozent. Kein Witz. Wie gut, dass Berlin so viele Hartz-IV-Empfänger hat. Quarzen gegen den Terrorismus und Bier von hier tanken für Berlin!

9.11.06

Is this the End of Summer?

Lange hat er durchgehalten, der Sommer. Ein Glück. Angesichts jetzt wirklich nicht länger zu verschiebender Heizsaison und bevorstehender Gasag-Jahresabrechnung habe ich mal einen verstohlenen Blick auf den Gaszähler riskiert und ein bisschen herumgerechnet. Das Ergebnis wird vierstellig, fürchte ich. In meinem Rechnungsordner fand ich das gerade mal zwei Jahre alte Gasag-Preisfaltblatt aus der Zeit meines Einstiegs in die wunderbare Welt der automatischen Heizungen. Seitdem ist der Spaß tatsächlich fast 40 Prozent teurer geworden.

Wo bleiben die Alternativanbieter? Wir Berliner haben mal wieder Glück: Es gibt sie hier tatsächlich schon. Nur sind die möglichen Ersparnisse reichlich ernüchternd. Bisher versuchen zwei Mitbewerber, der Gasag Kunden abzujagen: Die schon für Billigstrom bekannte Firma Nuon und der neue Anbieter Klickgas. Beide sind – je nach Verbrauch – derzeit zunächst in einigen Fällen sogar teurer als Exmonopolist Gasag. Nur durch Einbezug der Neukundenprämien in Höhe von 50 Euro (Nuon) beziehungsweise einem Monatsverbrauch (Klickgas) spuckt der Vergleichsrechner von Verivox (www.verivox.de) geringfügige Einsparpotenziale beim Wechsel aus. Die Prämien gibt es allerdings bei beiden nur im ersten Jahr. Und an Klickgas müsste man sich ganze zwei Jahre binden. Dafür bekommt man aber auch eine Preisgarantie für diesen Zeitraum, bei Nuon immerhin für ein Jahr. Angesichts der 40 Prozent Erhöhungen der letzten zwei Jahre im Grunde verlockend.

Andererseits sind die gaspreisbildenden Rohölkurse in letzter Zeit drastisch gefallen. Außerdem könnte wie beim Strom eine verordnete Senkung der Netznutzungsentgelte anstehen. Nicht zuletzt erzielte die Sammelklage der Berliner Verbraucherzentrale gegen die Gasag-Preise im Sommer einen Etappensieg. Mit einem dort (unter www.verbraucherzentrale-berlin.de) erhältlichen Musterbrief kann man erklären, dass man nur unter Vorbehalt zahlt. Noch besser: Gleich ganz auf den Stoff der fiesen Schröder-Putin-Connection verzichten. Festbrennstoffe sind wieder voll im Trend!