14.9.06

Das Recht auf Wasser (zum Kaffee)

Ich bin offenbar von der hauptstädtischen Cafékultur verwöhnt. Ich halte es nämlich für total selbstverständlich und ein Zeichen gepflegter Gastronomie, zu einer Tasse Kaffee zumindest auf Wunsch ein Glas Leitungswasser gereicht zu bekommen. Ohne Extrakosten, versteht sich. Das hielt ich immer für eine Art Grundrecht, egal ob Kaffee nun dehydrierende Eigenschaften hat oder nicht. Nebenbei ist es natürlich ein ebenso preisgünstiger wie gesunder Durstöscher. Dass diese optionale Gratisdreingabe aber offensichtlich doch keine Selbstverständlichkeit ist, musste ich neulich bei einem Landausflug ins Brandenburgische feststellen.

Auf einer Wanderung um den Lychener Wurlsee kehrten wir auf einen Milchkaffee ins Seehotel Lindenhof ein. Ich orderte das übliche Glas Leitungswasser dazu, das mir auch ohne Nachfrage oder Kommentar serviert wurde. Die Überraschung kam mit der Rechnung: Außer dem Milchkaffee wurde mir ein „kleines Mineralwasser“ zu 1,80 berechnet. Ach Du Schreck. Kulturelle Differenzen zwischen Stadt und Land, Ost und West? Ich bin im allgemeinen eher zurückhaltend, was das Anfechten von Rechnungen angeht. In diesem Fall siegten dann aber doch Rechtsempfinden und Sparerehre. Auf meine Nachfrage bestätigte die Kellnerin, dass es sich um Leitungswasser gehandelt habe – das sei aber „nicht im Kassensystem“. Meinen Verweis auf die Kultur des zum Kaffee gehörenden Wassers versuchte sie dann gar noch mit der angeblich exorbitanten Größe des mir servierten Glases zu kontern, „oder wollen Sie das etwa nicht bezahlen?“. Ich wollte nicht.

Wieder zurück in Berlin, genieße ich die hiesige Gratisleitungswasserkultur umso mehr. In der Caféteria der Unibibliothek gibt es das Glas Wasser anstandslos selbst zum 60-Cent-Kaffee, in der Edelpizzeria I Due Forni bekamen wir neulich sogar eine Literkaraffe des edlen Tropfens zum halben Liter Wein gereicht. So soll es sein.

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